Samstag, 30. September 2017

Wochenende - wenn auch kein langes

Über die wahrhaft unterhaltsamen Begebenheiten des Wochenendes musste ich mich verpflichten, Stillschweigen zu wahren. So kann ich eigentlich nur über meine eigene Ungeschicklichkeit berichten. Immerhin hatte ich noch rechtzeitig die Ahnung, das Fahrrad am Freitagabend stehen zu lassen - obwohl ich es endlich aufgepumpt hatte. Denn irgendwie geriet ich selbst auf dem Weg ohne Verkehrsmittel, sprich zu Fuß ins Straucheln. Erst knickte ich mit dem Fuß um, ruderte mit den Armen, um nicht hinzufallen, scheiterte und landete erst auf den Knien, dann auf der Hüfte. Ich fand mich gestrandet auf dem Radweg wieder - wie symbolisch. Außer Peinlichkeit, kaputter Hose, aufgeschürften Knien und abgeschürftem Fußnagellack passierte zum Glück nichts. Meinen Stunt nenne ich intrinsischen Dominoeffekt. 
Ansonsten habe ich vor, jetzt final die spaßbefreite Mutter zu spielen und der Tochter vorzuschreiben, sich entweder aushäusig (z.B. vom Profi) die Haare färben zu lassen oder dieses erst wieder zu tun, wenn sie eine eigene Wohnung hat. In der Hoffnung, dass ich nicht für deren Kaution zuständig sein werde. Unser Bad ist von ihrer letzten Aktion dieser Art jedenfalls lustig mit einigen rot-violetten Flecken geschmückt. Wer mir jetzt Schmutzradierer andienen möchte, muss damit rechnen, dass ich ihr oder sein Gesicht mit ebendiesem bearbeiten werde.
Zwei Lichtblicke: Erstens ist es Oktober und ich kann eher als in den fünf vorangegangenen Monaten offene Schuhe tragen. Zweitens hat der Sohn heute neben seiner Mitsinginterpretation von Princes "Purple Rain" ("Kurt Cobain") nun auch "Paracetamol" anstelle von Element of Crimes "Damals hinterm Mond" zum besten gegeben. Er sollte Musiker werden.

Freitag, 29. September 2017

Bois d'allumage

Gestern ging ich an einer Gewerbe-Mülltonne vorbei und war trotz großer Eile sehr versucht stehenzubleiben. Zu lange habe ich vorher - genau genommen die ganze letzte Woche - auf der Suche nach Anfeuerholz verbracht. Einen nicht unerheblichen Teil der Sightseeingtour durch Concarneau trug ich beispielsweise eine etwas sperrige Obstkiste aus oben genannter Provenienz mit mir herum. Bis wir begannen, sie auf einer Bank mit schönstem Blick über das Meer in handlichere Stücke zu zerlegen. Laut über die übertrieben vielen Krampen fluchend - Ehrensache! Komische Marotten haben deutsche Touristen. Der Mangel an Kleinholz brachte verschrobene Gedankengänge hervor: ich überlegte, das Eichenparkett mit dem Käsehobel (wie üblich in Frankreich bestens ausgerüstete Küche im Ferienhaus) zu bearbeiten, um brennbare Holzlocken zu erhalten. Am Ende fanden wir im örtlichen Intermarché Anmachholz und kauften ganz unsportlich welches. Zusammen mit mehreren zerlegten Gemüsekisten hatten wir dann ausreichend. 
Doch mein Kopf scheint diese Entwicklung noch nicht nachvollziehen zu können. Siehe oben. Obwohl... das nächste Grillen naht schließlich.

Donnerstag, 28. September 2017

War jut jewesen

Herr Regener war überraschend leutselig und bester Stimmung. Das Buch war bekannt gut. Wir hatten einen tollen Auftritt, als wir etwas zu spät unsere schönen Plätze in der Mitte der zweiten Reihe besetzen wollten. 'Tschuldigung... 'Tschuldigung... 'Tschuldigung usw. usf. Nach der Lesung erwartete mich noch ein Ego-Boost. Ein unbekannter junger Mann sprach mich an. Ich rechnete mit Komplimenten für mein formidables Zitronenkleid. Doch es kam anders. Er vermutete, dass ich aus der Pole Position die besten Bilder gemacht habe. Ob ich sie ihm zuschicken könne. Ja, aber erst im heimischen WLAN. Reduziertes Datenvolumen, Monatsende, er verstehe doch die Problematik. Ich versuchte, mich bei Generation Y anzubiedern. Erntete jedoch wenig Verständnis. Stattdessen tippte er seine Mailadresse in mein Telefon. Ich versprach, ihm vorab zumindest eine blanke Mail zu schicken. Selbst die ging nicht. Besorgt sprach er mich im Herausgehen an (sein Begleiter bestätigte): er frage sich die ganze Zeit schon, ob er sich wohl bei der eigenen Adresse vertippt habe. Diese Unruhe hätte ich ihm als Digital Native gar nicht zugetraut. War aber so. Am Ende wurde alles gut. Die Adresse war richtig und einzeln gingen die Fotos durch.
Einziger Wermutstropfen: Herr Regener war so gut gelaunt, dass er wider seine Gewohnheiten im Anschluss an die Lesung Bücher signierte. Und ich hatte sowohl "Wiener Straße" als auch "Der Schienenbus" zuhause gelassen! Manchmal läuft es eben nicht ganz rund.

Mittwoch, 27. September 2017

Gegebenenfalls auch umgekehrt

Dass heute ganz im Zeichen des Lesens stehen würde, war von vornherein klar. Schließlich freue ich mich schon seit Wochen - ach, was sage ich: Monaten! - auf die Lesung von Sven Regener aus "Wiener Straße". Umso mehr, seit ich das Buch gelesen habe. Doch überraschend kam hinzu, dass ich heute ein wahres Lektürekleinod auftat: "Der Schienenbus", ein zweimonatlich erscheinendes Premium-Presseerzeugnis. Das man für unsäglich günstige 5,90€ pro Ausgabe oder 29,50€  für das Jahresabo erwerben kann. In dem so spannende Themen wie "Triebwagenvielfalt im Sauerland" behandelt werden. Wenn nicht die Schlange dermaßen lang gewesen wäre, hätte ich Sven Regener heute Abend die aktuelle Der Schienenbus-Ausgabe (5/2017) anstelle der Wiener Straße (lag ohnehin zuhause) signieren lassen. Ich glaube, das wäre auch beim Autor gut angekommen.

Dienstag, 26. September 2017

Erster Versuch

Nicht, dass ich ernsthaft besorgt gewesen wäre, aber nach einer Woche Abwesenheit wollte ich doch wissen, ob die Kinder sich vertragen haben. Schließlich war es das erste Mal, dass ich sie so lange sich selbst überließ. Und sie kennen sich einfach zu gut, um nicht um die Trigger des jeweils Anderen zu wissen. Netterweise holte mich die Tochter vom Flughafen ab. So konnte ich auf der U-Bahnfahrt bei ihr vorfühlen. Auf meine Frage antwortete sie, sie seien eigentlich ganz gut ausgekommen. Eigentlich haben sie wenig gestritten. Bis auf die eine Gelegenheit, als ihr Bruder den großen Spiegel in ihrem Zimmer zerstört habe. Richtig geschimpft habe sie erst, als er es nicht habe zugegeben wollen und stattdessen krause Geschichten erzählte, wie es dazu gekommen sei. Aber ansonsten habe es kaum Streit gegeben. Zwischen ihnen auf jeden Fall weniger als zwischen dem Bruder und dessen Freund, den er sich als Sicherheit gegen die Einsamkeit zu uns nach Hause eingeladen hatte. Er konnte ja nicht wissen, dass seine Schwester über Gebühr häuslich sein würde. Seit ihr Freund spontan noch einmal in den Urlaub gefahren ist, hat man sie in den letzten beiden Wochen so häufig vor Ort gesehen wie in den letzten sechs Monaten in Summe nicht. 
Ich glaube, das Pilotprojekt lässt Wiederholungen zu.
Nur an den Selfies muss ich noch arbeiten, sagt die Brut.

Montag, 25. September 2017

Katerstimmung

Nach "Alles in Butter (pur beurre)" ist jetzt alles doof. Dass die blöde AfD ein zweistelliges Ergebnis erzielen würde, stand zu befürchten. Der Ärger darüber war damit vorprogrammiert. Was ich jedoch nicht gedacht hätte, dass demnächst die zweitbescheuertste Partei des neuen Bundestages wieder am Ruder sein würde. Wieso wählen fast elf Prozent eine Partei, die keine Inhalte liefert, sondern nur einen haartransplantierten, blondierten Affen nach vorne stellt, der sich für den Traumschwiegersohn hält? Doch mein eigenes Hauptärgernis ist die verschenkte Stimme. Was für ein Argument ist bitte: "Wir opfern uns und gehen in die Opposition, damit die AfD nicht stärkste Oppositionskraft ist"? Als ob es irgendeinen Unterschied bedeutete, wenn die SPD die größte Opposition stellt. Wenn sie keine Lust auf Regierung und Große Koalition mehr haben, hätten sie das vielleicht schon ein bisschen früher sagen können? Zumal das Abschneiden der blöden Rechtstorfnasen keine Überraschung war und die Entscheidung noch vor der ersten Hochrechnung kundgetan wurde. Dann hätten wir wenigstens ein etwas kurzweiligeres TV-Duell gehabt. Aber nein, nicht einmal diese Freude wird uns gegönnt! Einziger Lichtblick des gestrigen Abends: als der Sohn meinte, jetzt müsse "wieder ein antifaschistischer Schutzwall errichtet werden; nur in die andere Richtung."

Sonntag, 24. September 2017

Mein Ohr an der Zielgruppe

Auch nach einer Woche Urlaub kann ich meine professionelle Seite nicht ganz ablegen. So horchte ich auf, als auf dem Rückflug nach Hamburg in der Reihe hinter mir das Buzzword "Brigitte" fiel. Geäußert wurde es wahlweise von Mutter (70+) oder Tochter (40+) norddeutscher Provenienz, meine Schätzung ist Lübeck. Die Mutter wolle sich lieber mit Unterhaltung als Lektüre die Zeit vertreiben. Es gebe jedoch seit neuestem eine neue Brigitte. Die Tochter zählt alle ihr bekannten Brigitten auf: "Brigitte, Brigitte Woman..." mehr kennt sie nicht. Gerade will ich die weiteren Spin Offs soufflieren, und sie über Brigitte Wir als letzten Ableger aufklären, als sie sich beide einig sind, dass "die Brigitte auch nicht mehr so gut sei wie früher". Ich beschließe, sie nicht bekehren zu wollen. Ihr Durchschnittsalter passt mir nicht.

Samstag, 23. September 2017

Kénavo!

Nie fühlt man sich seinen Kindern so nah, als wenn man weit weg von ihnen ist. Vielleicht liegt es sogar nicht einmal daran, dass man sie in der Ferne über Gebühr vermisst. Wahrscheinlich fühle ich unterdessen fast wie sie. Die Bretonen mögen fast alles erfunden haben, ein paar Dinge sind garantiert nicht ihnen zuzuschreiben. Darunter das Netz und dessen Verbreitung. Ich werde langsam so hibbelig wie die Brut an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen ohne WLAN. Nur dass ich meine Ansprüche schon so weit zurückgeschraubt habe, dass ich mich über gelegentliches LTE freue. Meinen beiden Stadtkindern käme ein Urlaub hier vor wie der Vorhof zur Hölle: Neben fehlendem Internet ist es auch noch sehr ländlich. 
Vielleicht bin ich trotz fortgerückten Alters flexibler, denn all' das hat seinen Reiz. Heute entdeckte ich ein Auto aus Mecklenburg-Vorpommern. Dessen Insassen fühlen sich sicherlich zu Hause mit Meer, Landwirtschaft und eingeschränkten Öffnungszeiten. Da stört es kaum, dass sie in diesem Tal der Ahnungslosen eine merkwürdige Sprache sprechen (und ich meine nicht bretonisch). Schließlich ist es hier wärmer.

Dienstag, 19. September 2017

Bienvenue à Kerharengueac

Mich erinnert die Bretagne an Mecklenburg-Vorpommern. Nicht nur weil es hier viel Landwirtschaft und schöne Küste gibt. Auch weil Öffnungszeiten denen von Heringsdorf zu entsprechen scheinen. Sonntag nach 13:30 Uhr Mittagessen? Ein fast unmoralisches Ansinnen. Überhaupt am Sonntag "hors saison" gastronomischen Service zu verlangen, grenzt an Unverfrorenheit. Dass es in Frankreich Supermärkte geben sollte, die um 19:30 Uhr schließen, hätte ich vorher nicht für möglich gehalten. Man merkt, dass die Bretagne nur nominell ein Teil Frankreichs ist.

Samstag, 16. September 2017

Verrückt geplant

Um es mit der Nachbarin zu sagen: es wird Zeit das Muster zu durchbrechen. So habe ich mich heute früh zu nachtschlafender Zeit aus dem Haus geschlichen - und zwar auf Füßen, die im September in geschlossenen Schuhen steckten. 
Vollkommen verrückt, aber auch ein wenig berechnend. Wenn ich nahezu (wetter-)festes Schuhwerk mitnehme, wird das Wetter bestimmt selbst ganz im Westen Europas schön.

Freitag, 15. September 2017

Traum oder Wirklichkeit

Als ob herbstliche Morgengrauen nicht ohnehin schon die Betonung auf dem zweiten Wortteil hätten, schreckte ich heute früh hoch, als ich träumte, der Wecker habe geklingelt und ich ihn überhört, also verschlafen. Als er dann tatsächlich klingelte, war ich vollends verwirrt und maximal unlustig, seinem Ruf zu folgen. Wer morgens Schwierigkeiten hat zu wissen, wie er heißt und wo er sich befindet, sollte sich selbst nicht mit der Frage "Vorstellung oder Wirklichkeit?" belasten müssen.
Ebenso unvorstellbar kam mir vor, dass sich der Sohn gestern im Haushalt betätigte. Chefsache sozusagen: er wischte in der Küche die Zitate-Tafel sauber, um endlich nicht mehr den Spruch von Gerhard Polt ("Die Heimat der Salmonellen ist nicht ausschließlich der Kartoffelsalat") sehen zu müssen, den ich - zugegeben - vor längerem in Erwartung eines Sommers dorthin geschrieben hatte. Sein Wunsch, diesen zu tilgen, resultierte allerdings weniger aus der langen Verweildauer. Vielmehr fehle ihm "bei den Quotes die Internationalität". Ich erhielt außerdem die strenge Auflage, als Ersatz nichts von Element of Crime oder Sven Regener anzubringen. Die arme geschundene Brut!
Nicht verwunderlich also, dass es wohl bei den dreißig Minuten netto bleibt, die ich die Tochter zwischen ihrer Rückkehr vor einer Woche und meinem Abflug morgen gesehen habe. Von mehr kann ich ja nachts träumen.

Donnerstag, 14. September 2017

Servicegedanke

Wenn ich sie auch nicht sehe, kann ich der Tochter doch manchmal WhatsApp- oder Telegram-Nachrichten schicken. Die Reaktionen sind meist prompter und positiver als Face-to-Face. Man sollte die neue digitale Welt also nicht per se verdammen. Schon gar nicht zu Zeiten der dmexco, wenn nahezu die gesamte Timeline aus tollen Fotos von stylischen Messeständen und virtuellen Craft-Beer-Hipstern besteht.
Dass ich neben digitalaufgeschlossen auch dienstleistungsorientiert bin, habe ich bemerkt, als ich der physisch wohl dauerhaft abwesenden Tochter eine Empfehlung für ein Weihnachtsgeschenk an ihren Freund gab. Ich habe mich auch nur ein ganz klein wenig darüber geärgert, dass ich nicht in der Lage war, ihr den Link über Instagram zu schicken. Etwas mehr, als Instagram mir sagte: "Du kannst diesen Beitrag mit Freunden teilen." 

Dienstag, 12. September 2017

Täglich grüßt das Murmeltier

Wieder einmal beschleicht mich das Gefühl, in den letzten Tagen nichts geschafft zu haben. Nicht den Zeit-Stapel aus diversen Ausgaben abgearbeitet, keinen Post bzw. keine Auftragstexte geschrieben, nicht sichtbar aufgeräumt, nicht die Tochter nach Hause bestellt (obwohl ich sie vor meiner Woche Abwesenheit schon noch gerne sähe), nicht das Zeugnis des Sohnes organisiert und kein Geld abgehoben. Selbst diese Liste weiter fortzusetzen, schaffe ich nicht.
Vielleicht bin ich aber auch zu selbstkritisch. Wahrscheinlich sollte ich den Einsteigertipp gegen Depressionen beherzigen und eine Liste mit allen Dingen erstellen, die ich geleistet habe: körbeweise Wäsche gebügelt, einen Kleinkrieg mit den Nachbarn geführt ("Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten."), den Sohn zu mehr Ordnung gemahnt (nutzlos), den Küchenboden gewischt (nachdem ich darauf großflächig ein Jahr überfällige Erfrischungsstäbchen verteilt hatte, als ich sie in den Müll werfen wollte; sie kleben übrigens wie frische) und nebenbei noch täglich mindestens acht Stunden gearbeitet. Na, bitte - geht doch! Obwohl... nicht einmal das frühere Zubettgehen habe ich geschafft.

Sonntag, 10. September 2017

Geständnis

Manchmal befürchte ich, gerade zu einer miesepetrigen Alten zu mutieren. Unsere neuen Nachbarn beginnen, mir auf den Wecker zu gehen.
Dass sie dem Massagemäuschen ähnelt (wie der Gatte der Tochter unerwünscht sagte: "Sie war nicht der Grund sondern nur der Anlass."), dafür kann sie nichts. Das ist mein Problem. 
Dass er ständig den Aschenbecher wegräumt, den ich vor unsere Wohnungstür stelle, damit mir bekannte und unbekannte Jugendliche nicht den Treppenabsatz mit Kippen, Asche o.ä. vollmüllen ("Der Kleine hält das immer für einen Trinkbecher."), ist vielleicht schon ein gemeinsames Problem. Wofür der Kleine die Gießkanne hält, die ich als Erinnerung neben die Pflanzen in unserem gemeinsamen Eingangsbereich gestellt habe, weiß ich nicht. Als Kompensation stellen sie zum Glück irgendwelche Getränkekisten an den leeren Platz.
Dass sie den Goldjungen sonntags vor 9:30 Uhr vor meinem Schlafzimmerfenster immer und immer wieder mit dem Bobbycar die Rampe heruntersausen lassen (ohne Flüsterräder auf Pflastersteinen - Ehrensache!), stört mich in meiner Wochenendausschlafroutine. Ich weiß, für Eltern mit kleinen Kindern ist zwei Stunden nach dem Hellwerden keine Zeit, aber für Mütter von jugendlichen Kindern ist sie es schon.
Mich beruhigte immerhin, dass ich nicht übertrieben genervt auf die junge Familie reagiere, als der Sohn meinte: "Die sind ja nett, aber das geht nicht." Stein des Anstoßes war, dass sie ungefragt ihre Wäsche auf dem Balkon meiner Eltern trocknen. Fragen müsse man schon.

Samstag, 9. September 2017

Zukunftsmusik

In ein paar Tagen wird hoffentlich diese Novembertristesse ein Ende haben.
In etwa drei Wochen werde ich wissen, ob ich mich für den Gerinnungsstammtisch qualifiziere. Ich bin sehr daran interessiert, seit ich den Flyer bei meinem gestrigen Besuch der entsprechenden Ambulanz entdeckte. Ich stelle es mir ungemein spannend vor, wie wir uns darin ergehen würden, wessen Von-Willebrand-Faktor nun niedriger sei. Was könnte es Schöneres geben?
Bis in alle Ewigkeit jedoch wird wohl meine Vorstellung von "Die Küche Aufräumen" himmelweit von der meiner Kinder abweichen.

Freitag, 8. September 2017

Vielleicht auch nur Herbstblues

Im Prinzip halte ich mich für einen vernünftigen Menschen. Doch meine Entscheidung, gestern Abend einer Party bei der Ex-Arbeit beizuwohnen, war nur mäßig klug. Zum einen aus den naheliegenden Gründen: wenig, später und restalkoholisierter Schlaf erschwert selbst den Casual Friday deutlich. Zum anderen habe ich dabei nicht bedacht, dass ich heute (endlich!) einen Termin in der Gerinnungsambulanz habe. Jetzt frage ich mich, ob sich am Ende Passivrauchen auch in irgendwelchen Blutwerten niederschlägt. Und wie schnell baute sich Alkohol nochmal ab? Hätte ich doch in Biologie besser aufgepasst.
Doch was mich am meisten beschäftigt: dass sich alles auch nach über einem halben Jahr wie zu Hause anfühlte, dass es immer noch diese Vertrautheit mit den Zurückgelassenen gibt und dass ich mich einfach an meinen alten Platz hätte setzen und losarbeiten können. 

Donnerstag, 7. September 2017

Na, toll!

Es wird wohl wirklich Herbst. Nach meiner Schließerrunde gestern Abend war es nahezu dunkel. (Ja, Eure Wohnungen stehen noch!) Das bedeutete, ich musste mir zusätzliches Licht verschaffen, als ich versuchen wollte, den zukünftigen Schal aus seinem Topflappenstatus herauszuholen. Ich stellte mir also meine Flamingolampe neben das Sofa. Da Geschicklichkeit nicht so mein Thema ist, warf ich sie im Verlauf des Abends um bzw. herunter. Sie funktioniert zum Glück noch, doch der Flamingo hat ein paar Federn lassen müssen (pardon the pun!). Die Sollbruchstellen Hals und Schwanz brachen durch bzw. ab. Ein weiteres Stück Glück, dass ich Sekundenkleber vorrätig hatte. Es kam, wie es kommen musste: schon beim Aufschrauben der Tube hatte ich es geschafft, den Inhalt größtmöglich auf die Finger meiner rechten Hand zu schmieren. Mit links kann man auch kleben, ich weiß es jetzt. Die gute Nachricht: Der Flamingo lebt wieder! Nur Ornithologen werden seine Brüche nach genauer Inspektion erkennen können.

Doch was mit meinen Waranfingern unternehmen? Über Nacht, beschloss ich, sie zu ignorieren. Wenn auch das Herauspicken der Kontaktlinsen etwas erschwert war. Doch pünktlich zum Weckerklingeln wurde mir das Problem wieder bewusst. Ich entschied mich für die Badewanne. Der Plan war, die Finger schrumpelig werden zu lassen und dann die entstandenen Hohlräume zum Abtragen auszunutzen. Gute Idee, doch ich beklage die klar-weiße Farbe von Sekundenklebern. Man kann Haut so schlecht von Klebe unterscheiden. Über Bimsstein und Schmerz zu gehen, ist wahrscheinlich die harte Schule. Egal, Schwamm drüber! 
Dass mein Telefon mich wohl nie mehr als Inhaberin erkennen wird, weil mein Daumenabdruck auf ewig entstellt sein wird, finde ich nicht so schlimm. Dann merke ich mir wenigstens die PIN. Dass ich die Flamingolampe nun nicht mehr mit in die Wanne nehmen kann, auch kein allzu großer Verlust. Dass mir jetzt jedoch nie wieder jemand Komplimente wegen meiner weichen Hände machen wird, das trifft mich hart. 

Mittwoch, 6. September 2017

Es riecht nur schlecht

Da heißt es häufig, Print sei tot. Wie oft habe ich den Satz bei meinem Jobwechsel gehört, als ich vom Medium Fernsehen zu dem Publikumszeitschriften überschwenkte. Ich hatte den gleichen Satz schon seit längerem und so oft zum Fernsehen gehört, dass ich darauf nicht mehr allzu viel gab. Am Rande: der Sohn baute gestern darauf, dass mein TV-Wissen aufgebraucht sei, als er mir auf der Suche (anstrengend ohne Fernbedienung) nach dem Qualifikationsspiel Türkei-Kroatien verklickern wollte, Nitro sei Pay TV. Ganz so dement bin ich nicht, Freundchen! Doch zurück zu Print. Das soll angeblich noch toter sein als Fernsehen. Meine n=1-Erfahrung sagt etwas anderes. 
Gestern erhielt ich eine Sprachnachricht (Ehrensache!) der Tochter, die aktuell auf Kreta weilt. Ganz im Muttermodus befürchtete ich, es sei etwas passiert. Sie meldet sich doch sonst nicht... Was soll ich sagen? In der Nachricht bat sie mich darum, ob ich ihr eine GEO WISSEN-Ausgabe besorgen könne. Die heiße "Was kommt nach der Schule? und klinge sehr gut und ihre Freundin habe das". Sie wisse nicht, wie aktuell es sei, aber falls es älter sei, könne ich es vielleicht im Archiv auftun. In meiner Freude, dass nichts Schlimmes geschehen war, überlegte ich kurz eine - zugegeben etwas schnippische - Antwort (geschrieben, Ehrensache!), ob es dazu keine YouTube-Tutorials gebe. Dann habe ich einfach mal gar nicht geantwortet. Das schien mir zielgruppenadäquat und die Variante mit dem meisten Swag.

Dienstag, 5. September 2017

Neue Freiheit

Es gibt viele Gründe, derentwegen ich mich freue, den Arbeitgeber gewechselt zu haben. Wie immer gibt es natürlich auch ein paar Nachteile. So fehlen mir manche liebgewonnene Ex-Kollegen und die Vertrautheit mit ihnen. Doch einer der Hauptgründe, mich über den Wechsel zu freuen, ist sicherlich, dass ich heutzutage die taz der Nachbarin (die ich derzeit wegen ihrer Abwesenheit lesen darf) offen mit zur Arbeit nehmen kann, ohne mir in der Folge wochenlang Kommentare des Chefs anhören zu müssen. Manchmal läuft es eben.

Montag, 4. September 2017

Vier Stunden vor Elbe 1

Jetzt ist wohl die Zeit, in der alle verreisen, die keine schulpflichtigen Kinder (mehr) haben. Ich merke es an der Anzahl der Schlüssel, die sich in meiner Obhut befinden, damit ich Blumen gießen kann. Man nennt mich unterdessen auch Knastschließer. Ich gönne allen den Urlaub von Herzen, fühle mich jedoch auch so, als könnte ich welchen gebrauchen. Genau genommen ist die nächste Ferienwoche auch nicht mehr weit. Dennoch dachte ich mir, es wäre schön, sich weitere Vorfreude-Highlights zu schaffen. Da entdeckte ich, dass die Lieblingsband demnächst - naja, in gut acht Monaten - in der Elbphilharmonie spielt. Leider ist mir das Top-Event später als den meisten anderen aufgefallen. Die Karten sind klassisch bereits ausverkauft. Kein Problem, dachte ich, über das Internet tun sich weitere Möglichkeiten auf. Ich war schon so weit, das Doppelte der vom Anbieter angegebenen Preise zu bezahlen. Als mir die Brüder von Viagogo jedoch zusätzlich zum virtuellen Schwarzmarktpreis pro Karte 60€ Bearbeitungsgebühr abknöpfen wollten, war ich raus. 470 Hühner für zwei Konzertkarten, für die ich auf der Elbphilharmonie-Seite zusammen maximal 150 bezahlt hätte (wenn ich mich denn rechtzeitig darum gekümmert hätte), da hört der Spaß auf! Vielleicht besuche ich lieber das Konzert in München? Da komme ich mit Hotel und Flug günstiger weg. Nie wieder will ich mich über 25€ pro Karte für die Sven Regener-Lesung beschweren - echte Friedenspreise.

Sonntag, 3. September 2017

Wie aufregend!

Ausnahmsweise war ich einmal vorausschauend. Am Freitagabend beschloss ich, mir einen Schal zu stricken. Schals, die man kaufen kann, sind fast immer aus Wolle oder haben einen Wollanteil. Diese vertrage ich nicht auf der Haut. Deswegen liegt es nahe, sich selbst einen zu produzieren. Zum Glück verfüge ich einigermaßen über die DIY-Fähigkeiten. Die Tochter findet, einer der Vorteile anthroposophischer Schulen sei die Tatsache, dass man dort Handarbeit lerne. Ungläubiger Gesichtsausdruck, als ich ihr irgendwann einmal erklärte, Handarbeiten müssten nicht zwangsläufig mit Eurythmie einhergehen. In der schlechten alten Zeit sei man zwar nicht politisch korrekt erzogen worden, sei aber in jedem Bildungssystem in den Genuss mehr oder weniger profunder Näh-/Stopf-/Strick-/Häkel-Kenntnisse gekommen. Die größte Schwierigkeit bestand damals wahrscheinlich darin, seine selbstgefertigten, schiefen Topflappen nicht endgültig mit den allgegenwärtigen Negerküssen zu ruinieren. 
Vorausschauend war meine jüngste Strickentscheidung aus mehreren Gründen. Erstens naht im September zwangsläufig die blöde kalte Jahreszeit. Zweitens gilt es die Dunkelheit längerer Abende zu bestreiten. Und drittens trete ich demnächst wieder einmal eine Flugreise mit Umsteigen an. Jeder vernünftige Mensch verbrächte die Wartezeiten vermutlich mit Lesen. Neugierig wie ich bin kann ich mich jedoch nicht auf die Lektüre konzentrieren, wenn um mich herum so viele spannende Konversationen stattfinden. Handarbeiten sind für Menschen mit offenem Ohr viel besser geeignet. Improve your status without neglecting your eavesdropping. Es sei denn, man stopft gerade Schlüpper. Was ohnehin nicht so mein Ding ist. 
Ein Schal also. Mein Problem bestand darin, dass ich nicht wusste, wie viel Wolle (natürlich Baumwolle!) ich dafür benötigen würde. Es lag nahe, den Profi im Freundeskreis anzusprechen. Es entsponn sich auf meine Entscheidung gestern eine ausgiebige WhatsApp-Kommunikation über Nadelstärke, Lauflänge, Muster und Gewicht. Die Tochter hätte schon zu Beginn auf Sprachnachrichten umgestellt, aber ich bin so altmodisch und tippte demzufolge eifrig. Allerdings unterbrochen durch ein YouTube-Video - dass ich das nutze, hätte die Brut vielleicht wieder mit der Joghurtbecher-Strippe-Joghurtbecher-Mutter und ihren vorsintflutlichen Methoden versöhnt. Wer denkt, die neuen Medien lassen Menschen einsam vor ihren Displays zurück, irrt. Wir verabredeten uns in einem Café, um die Details zu Schal und Muster etc. zu besprechen. Mal was Neues: ein Date mit einem jungen Mann, um übers Stricken zu reden. Das von mir vorgeschlagene Café mag von manch' einem als Lesbenladen diskreditiert werden, es liegt in der Nähe, wir konnten gestern Nachmittag wunderbar in der Sonne sitzen und unsere Schals vergleichen. Seiner ist schon als solcher zu erkennen, meiner selbst mit viel Wohlwollen anhand der drei Reihen unter den Nadeln nicht. Ich rechne mit einer Fertigstellung kurz nach dem Berliner Flughafen. Was hoffentlich auch Herbst/Winter sein wird.
Als ob das alleine nicht Aufregung genug sei, lenkte mein Ohr am Nebentisch meine Aufmerksamkeit auf die Nachbarunterhaltung, die - das muss ich zu meiner Ehrenrettung sagen - auch schlecht zu überhören war. Einer der Gäste vom Nebentisch wickelte sich von Zeit zu Zeit in eine Flagge mit dem St. Georgskreuz ein. Ich vermutete nicht, dass er sich damit in unserem Dorf einschleimen wollte. Es waren Engländer. Geschult durch die Lektionen des Sohnes meinte ich herauszuhören, dass sie aus Liverpool kämen. Nicht so schwer, da sie häufig Sachen wie "Luch 'ier!" statt "Look here!" sagten. Ich nahm mir ein Herz und sprach sie darauf an. Es stimmte, sie waren gleichzeitig hingerissen und verwundert, woran ich das denn gemerkt habe. Die Höflichkeit gebot, dass ich "am Akzent" antwortete. Sie blieben überrascht, denn so stark sei er doch gar nicht. Noch begeisterter waren sie, als sie erfuhren, wir seien erst kürzlich in ihrer Heimat gewesen. Ich erzählte von unserem Ausflug zum Anfield Stadion. Einen kurzen Moment drohte die gute Stimmung zu kippen, da eine Hälfte von ihnen "Evertonians" und die andere für den FC Liverpool war. Ein Handgemenge konnte zum Glück vermieden werden. Ich war etwas in Sorge, denn sie hatten schon ein paar Getränke und der Nasen- und Zahnstatus unter den männlichen Mitgliedern ließen auch nicht das Allerbeste vermuten. Es fand sich glücklicherweise der gemeinsame Nenner, dass Jürgen Klopp sympathisch sei. 
Ehe alle zehn Engländer in ihre Taxis stiegen, stellte ich fest, dass inmitten des Kreuzes auf der Flagge "McGrail" stand. Zuhause ergab meine vom Sohn angeleitete Internetrecherche ("Mama, du würdest selbst für Bilder in Wikipedia gucken!" - stimmt natürlich nicht!), dass wir neben dem amtierenden Bronzemedaillengewinner der Boxweltmeisterschaft im Bantam gesessen haben. Der - Wikipedia sei dank - auf den Namen Peter hört, gebürtig aus Liverpool kommt und auch der amtierende Europameister ist. So viel zum Lesbencafé. 

Freitag, 1. September 2017

Alles wird besser

Der Sohn und ich freuen sich auf die Rückkehr der Schwester bzw. Tochter. Nicht nur, dass sie uns als Mensch fehlt. Beim Sohn geht das Vermissen sogar so weit, dass er in ihrer Abwesenheit in ihrem Bett schläft. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ihre Schlafgelegenheit nicht ganz so voll gerümpelt ist. Wer weiß das schon? Und wer will es überhaupt wissen? In jedem Fall fehlt sie uns. Wahrscheinlich vor allem deswegen, weil sie uns sachdienliche Hinweise zum Verbleib der Fernbedienung geben kann. Wer uns Tipps geben möchte: an den üblichen Stellen wie Toilette, Küchenzeile, Bett, hinterm Sofa o.ä. liegt sie nicht.